Rollen im Wandel
Gemeinschaftliche Lebensmodelle ausprobieren sowie Sensibilisierung für das Thema der Geschlechtergerechtigkeit
Projektdauer: 27.01.2022 - 31.10.2024
Projektträger
Kurzbeschreibung
Mädchen auf dem Skaterplatz, ein Steuerberater als Tagesvater und eine Mutter als Obfrau des Fußballvereins: Das gibt es in Vorarlberg noch wenig. Dabei können anders verteilte Rollen und die Auflösung von Geschlechterrollenbildern für die Einzelperson, gesellschaftlich und wirtschaftlich von Nutzen sein, beispielsweise durch zufriedenere Eltern und ausgebildete Frauen, die als Fachkräfte zur Verfügung stehen oder lebendige Vereine, in denen sich unterschiedlichste Menschen für den Lebensraum engagieren.
Das Projekt „Rollen im Wandel“ will diese Potenziale nutzbar machen, Alternativen zur herkömmlichen Rollenverteilung vor den Vorhang holen und dazu einladen, diese auszuprobieren. Hierfür bieten das femail FrauenInformationszentrum Vorarlberg, der Vorarlberger Familienverband und der Verein Amazone mit Unterstützung der Regionalentwicklung Vorarlberg vielfältige Angebote.
Zu Beginn des Projekts werden interessierte Gemeinden und ihre Akteure wie Arbeitgebende, Vereine und andere Organisationen gefragt: Wie sind die Rollen üblicherweise verteilt? Was müsste sich ändern, damit alle in der Gesellschaft sich gerecht behandelt fühlen? Wer in eurer Gemeinde möchte aktiv werden, damit sich etwas ändert?
Damit alternative Rollenmodelle erlebbar werden, bieten die drei Fachorganisationen Unterstützung bei der Umsetzung von Pilotaktivitäten. Dies können neue Angebote wie ein Mittagstisch für Eltern in der Kinderbetreuung, eine elternfreundliche Sitzungsgestaltung für Vereine oder die Gründung eines Mädchentreffs sein – je nachdem, was in der jeweiligen Gemeinde gerade am besten passt.
Parallel dazu werden den teilnehmenden Gemeinden Formate wie Vorträge, Workshops oder digitale Angebote zur Verfügung gestellt, die Möglichkeiten der Auseinandersetzung und Reflexion mit Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Rollenbilder und -stereotypen und Vielfalt eröffnen.
Ausgangslage
In Vorarlberg ist der prozentuelle Anteil der Männer, welche Kinderbetreuungs- oder Karenzgeld beziehen, österreichweit am niedrigsten und Frauen sind wesentlich häufiger „atypisch“ beschäftigt. In Vorarlberg sind 2019 insgesamt 55,4 Prozent der Frauen beschäftigt, und davon wieder 51,1 Prozent in Teilzeitbeschäftigung mit einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand von rund 20 Stunden pro Woche. Frauen begründen Teilzeit vor allem mit der Betreuung von Kindern oder zu pflegenden Erwachsenen sowie Aus- und Weiterbildungszwecken.
Diese Frauen sind dabei meist gut ausgebildet, jedoch überwiegt das Modell der klassischen Rollenteilung, weshalb viele Frauen für einige Zeit lang aus dem Erwerbsleben zurücktreten. Dies spiegelt sich im vergleichsweise niedrigeren Einkommen wieder. Von außerfamiliärer Kinderbetreuung wird immer häufiger Gebrauch gemacht. Jedoch dominiert in der Gesellschaft die Ansicht, dass Eltern bevorzugt weniger Einkommen beziehen sollen, um sich im Gegenzug dazu um die Kinder kümmern zu können. Hierzu wird meist auf die Mutter fokussiert. Gleichzeitig fühlen sich Frauen auch oft in der Gesellschaft wenig wertgeschätzt, wenn diese keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Alternativen Rollenmodellen wird bis dato in der Öffentlichkeit noch zu wenig Platz eingeräumt. Obwohl es auch in Vorarlberg bereits Familien gibt, die derartige Alternativen leben, sind diese wenig sichtbar und können somit kaum als Vorzeigebeispiele dienen. Auch im Regierungsprogramm 2019 der Vorarlberger Landesregierung ist als ein Ziel verankert, die Rollen von Männern und Frauen ausgeglichen zu verteilen, um die Chance auf gerechte Lebensmodelle zu fördern.
Ziele/Wirkung
Ziel des Projektes ist es, mit Veranstaltungsformaten und Vorzeigeinitiativen Handlungsempfehlungen aus dem Gleichstellungsbericht 2021 und das Fokusthema partnerschaftliche Rollenteilung aus dem RAP-Prozess vorort im ländlichen Raum Vorarlbergs niederschwellig erfahrbar zu machen. Damit einhergehend soll das Modell der klassischen Rollenteilung durch das Aufzeigen bzw. das Positionieren weiterer partnerschaftlicher Rollenmodelle um Alternativen erweitert werden.
Hierfür ist es wichtig, auf kommunaler Ebene gemeinsam mit verschiedenen Zielgruppen (Jugend, junge Erwachsene, Familien und Gemeindevertreter:innen) entsprechende Themen zu erheben und entstandene Ideen pilothaft und praxisnah mittels Initiativprojekten umzusetzen. Ziel ist hierbei auch, diese umgesetzten Projekte zu begleiten und erste Erkenntnisse zu gewinnen.
Weiters ist auch die Sensibilisierung im Generellen für das Thema der Geschlechtergerechtigkeit von Wichtigkeit, um langfristig das Modell der partnerschaftlichen Rollenteilung positionieren zu können.
Inhalte
In einem ersten Schritt sollen im Zuge von Erhebungen, Fachaustauschen und öffentlichen Formaten gemeinsam mit familienfreundlichen Gemeinden Themen zur Rollenteilung gefunden werden. Ziel ist es, in einem offenen Format einen Vernetzungsraum für Ideengeber:innen sowie die Regio-V, Amazone, den Familienverband und femail zu kreieren. Die Fachorganisationen decken hierbei verschiedene Zielgruppen ab.
Was sind die Vorstellungen von idealen Familienmodellen von jung bis alt? Verschiedene Familienmodelle sollen hier diskutiert bzw. beleuchtet werden. Auch, wie sich Eltern in Bezug auf Erwerbstätigkeit bis dato organisieren und welche Rahmenbedingungen sie hierfür vorfinden, soll eruiert werden. Aus den gefundenen Ideen für eine alternative, partnerschaftliche Rollenteilung sollen konkrete Umsetzungen abgeleitet und ausgewählt werden.
In der pilothaften Umsetzung werden die ausgewählten Initiativgruppen von den entsprechenden Fachorganisationen begleitet und dokumentiert. Parallel dazu werden verschiedene Veranstaltungsformate wie Seminare, Workshops, attraktive Vorträge und Pop-Up-Events für diverse Zielgruppen der Sensibilisierung für Geschlechtergerechtigkeit dienen.
Zentral ist hierbei das Zusammenwirken der Projektpartner:innen, aus dem sich innovative Herangehensweisen ableiten lassen. Methodisch steht das „Abholen“ der Zielgruppen ebenso im Mittelpunkt wie die Förderung der Projektbeteiligung der Bevölkerung als aktive Mitwirkende, nicht nur als Konsument:innen/ Kund:innen. Jene Ideen sollen mit Unterstützung der Projektpartner:innen umgesetzt werden, die auf eine hohe Motivation und auch einen gewissen Veränderungsdruck der Betroffenen treffen. Dabei geht es jedoch nicht um reine Selbsthilfe. Denn die individuelle, familiäre Perspektive ist bei einem derart gesellschaftspolitischen Thema zu kurz gegriffen. Familien finden ihre Lösungen und Wege im Rahmen der vorhandenen Rahmenbedingungen und Regelungen. Oft fällt es schwer, überhaupt Lösungen außerhalb dieses Möglichkeitsrahmens nur anzudenken. Aus diesem Grund wendet sich das Projekt auch an Verantwortliche in den Gemeinden und andere maßgebliche Player vor Ort wie z.B. Arbeitgebende, Organisationen, Vereine usw.
Resultate
- praktische Umsetzungsbeispiele für partnerschaftliche Rollenteilung wurden den Zielgruppen sichtbar gemacht
- Entstehung, Durchführung und Begleitung von Pilotinitiativen
- Ableitung von Erfahrungen und Erkenntnissen der Pilotinitiativen
- Sensibilisierung für das Thema Geschlechtergerechtigkeit anhand von diversen Veranstaltungsformaten
- Bereits bestehende Initiativen werden vertieft
Bezug zum Programm
- 3GW.06 Gesellschaftliches Lernen fördern
- Regionaler Aktionsplan (RAP) für Gleichstellung von Frauen und Männern in Vorarlberg 2019 – 2023
- Vorarlberger Gleichstellungsbericht 2021 – Handlungsempfehlungen zum Kulturwandel in der partnerschaftlichen Aufteilung von Familien- und Hausarbeit
Weitere Informationen
Newsberichte rund um das Projekt
Vorteile für die unterschiedlichen Anspruchsgruppen des Projekts:
Paare/Familien: Auseinandersetzung mit den Rollen als Partner:innen und Eltern – Basis für gleichwertige und stabile Beziehungen. Handwerkszeug, um bei gegebenen familienpolitischen Rahmenbedingungen alternative Wege zu gehen. Auf Gemeindeebene die Möglichkeit von Einflussnahme und Gestaltungsmacht für Angebote für Familien in Richtung partnerschaftliche Rollenteilung und Geschlechtergerechtigkeit.
Kinder: Ausgewogener Kontakt zu beiden Elternteilen
Jugend: Frühzeitiger Meinungsbildungsprozess
Wirtschaft: Fachkompetenz der gut ausgebildeten Frauen bleibt am Arbeitsmarkt / kommt in die Unternehmen zurück. Väter bringen weitere Kompetenzen aus dem Familienalltag in ihre Arbeitsplätze mit ein.
Gemeinden und Vereine: Familienfreundlichkeit wird erhöht – Abwanderung von Familien wird verhindert, Freiwilligenarbeit wird ermöglicht.
Wie kommt man zur partnerschaftlichen Rollenteilung und was und wen braucht es dazu?
Vorarlberger Knowhow aus den NGOs und dem Regioverband wird mit dem Projekt regionalräumlich zum Einsatz gebracht. Das Themenfeld wird mit größtmöglicher Breite und Tiefe beackert und nachhaltige Modelllösungen werden entwickelt. Die Beteiligung von Menschen vor Ort spielt hier eine zentrale Rolle.
Ideen:
- Mittagstisch für Eltern in der Kibe
- Elternfreundliche Sitzungsgestaltung für Vereine
- Shared-Office vor Ort
- Experiment partnerschaftliche Rollenteilung